Bewertung: Mittel- und Langstrecke mit Icelandair

Bewertung: Mittel- und Langstrecke mit Icelandair

Auf dem Weg nach Toronto und der anschließenden Rückreise mit Stopover flog ich erstmals mit Icelandair. Bevor in den kommenden Tagen der Reisebericht zum Urlaub auf der Insel zwischen Europa und Nordamerika online geht, folgt nun erstmal eine kurze Bewertung der Flüge auf Mittel- und Langstrecke.

Update 2019: Seit Oktober 2017 bietet Icelandair neue Economy-Tarife komplett ohne Gepäck an. Waren zum Preis von rund 400€ zuvor noch zwei Gepäckstücke je 23 kg auf Flügen nach Nordamerika inklusive, wird nun nur noch Handgepäck kostenfrei transportiert.

Ansonsten hat sich am Bordprodukt nicht viel geändert. Auch gibt es weiterhin regelmäßig Angebote Deutschland – Nordamerika ab ca. 300€.

Nachfolgend der ursprüngliche Reisebericht aus Dezember 2016:

Was wir auf Island eine Woche lang erlebten, könnt ihr im Reisebericht nachlesen:

Bordprodukt

Die Anreise per Nationalairline eignet sich immer schon ganz gut dazu, etwas über den Urlaubsort zu erfahren. Im Falle von Icelandair äußert sich dies in der Verfügbarkeit des Milchproduktes „Skyr“ an Bord sowie verschiedenen Dokumentationen über mögliche Unternehmungen auf verschiedenen Abschnitten der Insel. Letztere können neben anderem Videomaterial auf dem  In-Flight-Entertainment-System mit 10 Zoll großem Touchscreen betrachtet werden.

Die Rückenlehne des Vordersitzes ist zudem mit mit USB-Ladebuchse und dreipoliger 3,5-mm-Klinkenbuchse ausgestattet (Adapter also nicht notwendig). Das IFE scheint vom gleichen Hersteller entwickelt, der auch teilweise die Lufthansa und Air Berlin beliefert, keine schlechte Wahl. Die Full-HD-Auflösung des Displays überzeugt und es steht eine übliche Karte mit Live-Positionsanzeige zur Verfügung – eines der Highlights jeder Flugreise, Filme und Serien bräuchte ich persönlich ja gar nicht.

Dennoch sind natürlich verschiedene Fernsehsendungen, Blockbuster und Musik abrufbar. An Serien sind beispielsweise Fargo und Family Guy zu nennen, unter den mehr als 50 Filmen finden sich sowohl Klassiker wie Findet Nemo, als auch Neuerscheinungen wie Ghostbusters (2016) oder Star Trek Beyond wieder. Eine deutsche Sprachausgabe existiert nicht, das dürfte zumindest mit Untertiteln aber nur für wenige Leute ein Problem darstellen.  Viele Flugzeuge sind zudem mit kostenpflichtigem WiFi ausgestattet, auf das ich aber gut verzichten kann.

Boeing 757 „Eldborg“ von Icelandair auf dem Hamburger Rollfeld

Trotz der Konkurrenz durch die Billig-Airline WOW Air verzichtet Icelandair auf kostenlose Speisen an Bord. Sandwich und je nach Flugdauer auch warme Gerichte können online und im Flugzeug kostenpflichtig geordert werden, inbegriffen sind alkoholfreie Kalt- und Heißgetränke, welche von der freundlichen Kabinenbesatzung gereicht werden.  

Die Flotte der Icelandair besteht fast ausschließlich aus Boeing-Maschinen des Typs 757, was in einer 3-3-Bestuhlung resultiert. 2er-Reihen bleiben also aus, dafür können direkt nach Online-Buchung kostenfrei Sitzplätze reserviert werden, um sich einen möglichst guten Blick auf die Landschaft zu sichern.

Auffällig ist das unterschiedliche Alter der Boeing-Flugzeuge. Mit einem Durchschnittsalter von 21 Jahren ist die Flotte alles andere als jung, einige Flieger haben bald 30 Jahre auf dem Buckel. Während Bestuhlung und Unterhaltungssystem jeweils auf den aktuellen Stand gebracht wurden, wirkten Gepäckfächer und Overhead-Panel in der 26 Jahre alten TF-ISK „Eldfell“ stark antiquiert. 

Der Sitzabstand beträgt in der Economy Class 32 Zoll (81 cm) und liegt damit im Branchendurchschnitt. Die Polsterung geht in Ordnung, bei Flugzeiten von drei  bzw. fünf Stunden kann allerdings auch noch vergleichsweise wenig schiefgehen. Mit meiner Körpergröße von knapp zwei Metern fühlte ich mich nicht sonderlich eingeengt. Etwas anders sieht es (leider wie immer) aus, wenn der Vordermann meint, die Verstellfunktion seiner Rückenlehne auf Funktion prüfen zu müssen. Aber wer Economy bucht, weiß ja, worauf er sich einlässt – eine halbe Klasse höher gäbe es immerhin 3 cm mehr Platz nach vorne. Kissen und Decke stehen bei Nordamerika-Flügen an jedem Sitz und ansonsten kostenlos auf Nachfrage zur Verfügung.

Um dem Eindruck als sympathische Nationalairline gerecht zu werden, benennt man alle Flieger nach isländischen Vulkanen und hat sich noch eine ganz besondere Spielerei einfallen lassen. Nicht nur in der passend lackierten „Hekla Aurora“ sorgt ein LED-Farbenspiel für Nordlicht-Stimmung, auch auf dem Rückflug aktivierte man die sich bunt bewegenden Lichter oberhalb der Gepäckfächer (siehe Headerbild).

Vielfliegerprogramm und Freigepäck

Icelandair ist nicht Teil einer Luftfahrtallianz und unterhält nur einzelne Kooperationen mit der Tochter Air Iceland für nationale Flüge, Finnair sowie Alaska Airlines.  In Form des „Saga Clubs“ existiert ein eigenes Vielfliegerprogramm mit drei Statusleveln. Meilen können wie üblich nicht nur durch Flüge, sondern auch andere Buchungen bei Partnern gesammelt werden. Für alle vier Flugsegmente auf dem Weg nach und von Toronto wurden mir insgesamt 7.800 Saga-Punkte gut geschrieben, das entspricht einem Rabatt von 40 Euro für Bordshop, Flugbuchungen oder andere Annehmlichkeiten. Nicht schlecht, bedenkt man die Investition von nur 333 Euro pro Person für die Flugbuchung.

Kabine der Icelandair und begeisterte Blicke in die Landschaft

Für Amerika-Reisende besonders attraktiv stellte sich die Freigepäck-Regelung heraus. Im Gegensatz zu Lufthansa und Co erlaubt man die Mitnahme von gleich zwei Gepäckstücken bis zu jeweils 23 Kilogramm, sofern Reykjavik als Zwischenstopp für eine Reise über den großen Teich benutzt wird. Wer nur auf einen Abstecher nach Island aus ist, darf maximal einen Koffer im Flugzeugrumpf unterbringen, zusätzlich sind ein kleines Stück Handgepäck + Personal Item erlaubt.

Airport Keflavik: überschaubar, eng, chaotisch

Die Organisation am Flughafen Keflavik als Hauptknotenpunkt der Insel ging wenig komfortabel vonstatten, sicherlich auch durch die Expansion von WOW Air wirkt der Airport zu Stoßzeiten  deutlich unterdimensioniert. Da alle Flüge in Hub-Wellen stattfinden, treffen fast alle Flugzeuge zur gleichen Zeit in Keflavik ein und starten auch wieder nach diesem Prinzip. Die Toiletten-Warteschlange zog sich dadurch einmal quer durch die Abflugebene. Der fast vollständige Verzicht auf Sitzflächen dürfte dem Platzmangel ebenso zuzuschreiben sein wie den üblicherweise kurzen Umsteigezeiten – dennoch wird es mal Zeit für eine Expansion, hält der Touristen-Boom an. Im Gegenzug halten sich die Laufwege momentan in engen Grenzen und sind gut ausgeschildert.

Noch chaotischer wirkte die Organisation beim Rückflug nach Hamburg – obwohl am Checkin-Schalter alles reibungslos und mit minimaler Wartezeit klappte. Anschließend war man jedoch nicht nur der Meinung, man könne die Passagiere ja einfach durch einen ewig langen Metallgang schleusen, sondern geizte auch an Bodenpersonal und Material. Eine einzige Mitarbeiterin der Fluggesellschaft musste sich um das Scannen aller Bordkarten 180 Passagiere kümmern, auch ein zweiter Bus für den Boarding-Vorgang wurde nicht bereit gestellt. Nach über einer halben Stunde waren dann doch irgendwann alle Passagiere geladen und es konnte mit kleiner Verspätung losgehen.

Ist der überfüllte Sicherheitsbereich einmal verlassen, wirkt der Flughafen schon deutlich freundlicher. Das liegt nicht nur an der recht modernen Ausstattung, sondern vor allem den kurzen Laufwegen inner- und außerhalb des Terminals. Die meisten Mietwagenfirmen bieten dennoch ein Shuttle zu ihren Büros an. Nach einem Flughafenhotel muss nicht lange gesucht werden, das noch recht junge 3-Sterne-Hotel „Airport Hotel Aurora Star“ ist als einzige Übernachtungsmöglichkeit auch zu Fuß vom Terminal erreichbar.

Fazit

Icelandair macht derzeit vieles richtig und punktet natürlich durch kostenlosen Stopover auf einer Reise von Europa nach Nordamerika und umgekehrt. Die Flugzeiten sind gut aufeinander abgestimmt, führen dadurch aber auch zu einer Überlastung des Terminals, welches in den kommenden Jahren nicht ohne Grund ausgebaut werden soll.

Bis auf den Mangel an Platz und Mitarbeitern am Boden, gibt es wenig zu kritisieren. Das Bordprodukt ist stimmig, fehlende Gratis-Hauptspeisen können bei den Flugzeiten von maximal acht Stunden noch verschmerzt werden. Und wer Reykjavik und Umfeld besuchen möchte, kommt an einer Buchung mit Icelandair sowieso kaum vorbei. Mittlerweile wird Keflavik zwar auch von einigen anderen Airlines angeflogen, meist jedoch nur in der Hauptsaison.

4/5 – would fly again

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